Wieder hormonfrei

Nach zwei Jahren der Hormontherapie gegen die Endometriose entschied ich mich, die Therapie abzubrechen. Was meine Beweggründe waren kannst du hier im Detail nachlesen.

Zu dem Zeitpunkt, als ich diesen Entschluss traf, ging es mir gesundheitlich, also körperlich und psychisch unter aller Kanone. Aber ich hatte die leise Hoffnung, dass es mir ohne Hormone besser gehen könnte, und diese Hoffnung überwog jeden Zweifel an meinem Vorhaben.

Die Veränderungen nach dem Therapieabbruch ließen nicht lange auf sich warten:

In der ersten Woche nach Absetzen der Pille ließen bereits die Hitzewallungen nach und ich war dadurch deutlich weniger erschöpft. Auch von der Stimmung her empfand ich plötzlich mehr Freude und Optimismus. Ich konnte wieder über Blödsinn lachen und mich an Kleinigkeiten erfreuen. Unter den Hormonen war es mir fast unmöglich geworden, Freude zu empfinden, und da ich von Natur aus eine Frohnatur bin, hatte ich mich unter den Hormonen nicht wie ich selbst gefühlt. Nach dem Absetzen merkte ich endlich, wie viel Einfluss die Hormone auf meine Stimmung gehabt hatten. Die beste Veränderung aber war der Schlaf: Ich schaffte es, wieder mehrere Stunden am Stück zu schlafen und wachte nicht mehr so oft auf.

Hormonfrei bei Endometriose
Ohne Hormone war ich wieder ich selbst

Nach zwei Wochen kamen folgende Veränderungen hinzu: Ich schaffte es das erste Mal nach einem Jahr ohne Gehörschutz einzuschlafen. Nachts wachte ich zwar ab und zu noch vom Straßenlärm auf, aber dann setzte ich mir den Gehörschutz einfach wieder ein. Außerdem war ich durch den verbesserten Schlaf wieder leistungsfähiger und weniger dünnhäutig. Ich fühlte mich einfach wieder wie ich selbst! Auch die Konflikte, die meine ständige Reizbarkeit und Energielosigkeit in meiner Beziehung hervorgerufen hatten, wurden merkbar weniger. Und, surprise surprise, auch meine Libido kam schleichend zurück.

Nach drei Wochen ohne Hormone begannen die Schmerzen. Ich hatte zwar mit einer Abbruchblutung gerechnet, hatte die Schmerzen, die mit den Blutungen einhergingen aber auch nicht vermisst. Die Blutung kündigte sich diesmal Tage vorher an. Auf der Arbeit bekam ich massivste Regelschmerzen ohne aber zu bluten. Wie man in der Schmerzmedizin so schön misst: Eine 7/10. Und das drei Tage lang. Am vierten Tag der Schmerzen hatte ich plötzlich morgens meine Blutung, ohne dass ich nachts Schmerzen gehabt habe – eine Premiere! Ich war so begeistert, dass ich an dem Tag sogar Sachen unternahm. Dann, am Tag 2 der Blutung, war es wieder wie früher: Die Schmerzen eskalierten zu einer saftigen 9/10, so dass ich nur noch gekrümmt auf dem Sofa lag. Da ich durch die Schmerzen bewegungsunfähig war und Ibuprofen nichts mehr ausrichten konnte, schickte ich meinen Freund zur Apotheke, mir andere Schmerzmittel zu holen. Ich probierte Naproxen in der Höchstdosis aus und es wirkte. Es wirkte sogar so gut, dass ich mich nach einer Stunde wieder durch die Wohnung bewegen konnte, solange ich die Tabletten konsequent nahm. Es war ein echter Gamechanger. Zwar führt der Wirkstoff Naproxen auch zu Blutverdünnung und entsprechend blutete ich gefühlt noch mehr als sonst, aber das war mir ein erträgliches Schmerzlevel wert.

Nach vier Wochen kam dann der nächste Schreck: Als ich unter der Dusche stand und mir beim Haarewaschen durch die Haare strich, lösten sich ganze Strähnen von Haaren auf einmal! Ich erschrak ziemlich und versuchte meine Haare weniger „ruppig“ zu waschen, aber es half nichts. Bei jedem Durchstreichen durch die Haare hatte ich danach zahlreiche lose Haar in der Hand. Der Haarausfall begleitete mich rund drei Monate lang, danach besserte es sich zum Glück.

Ich möchte an dieser Stelle ergänzen, dass ich nicht „nur“ keine Hormone mehr zu mir nahm, sondern bereits seit Beginn meiner Diagnose meinen Lebensstil und meine Ernährung endofreundlicher gestaltet hatte. Neben einer entzündungsarmen Ernährung mit viel Gemüse, Ballaststoffen, Nüssen, Omega 3 Fetten und wenig entzündungsfördernden Lebensmitteln, versuchte ich meinen Stress zu reduzieren, ging regelmäßig Schwimmen, machte (hauptsächlich im Wohnzimmer) Yoga und ergänzte mangelnde Nährstoffe. Ich hoffte also nicht blind auf weniger Schmerzen, sondern machte es mir zur Devise, meine Gesundheit so viel wie möglich selbst positiv zu beeinflussen.

Ein Großteil der Endometriose und ihrer Entwicklung ist außerhalb unserer Kontrolle, aber wie gut der eigene Körper mit Schmerzen und Entzündungen umgeht, kann man immerhin zum Teil beeinflussen.

Wie sich meine Symptome in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln, wird sich noch zeigen, aber bereits nach ein paar hormonfreien Monaten ging es mir um Welten besser. Schlaf, Stimmung, Energielevel, Lebensfreude, Migräne, Hitzewallungen… die Liste an Symptomen, die sich verbessert hatten, ist lang und der Unterschied so eindeutig, dass ich mich inzwischen frage, wie ich bloß so lange die Nebenwirkungen der Hormontherapie ausgehalten habe. Auch erschließt es sich mir nicht, wie solch lebenseinschränkenden Nebenwirkungen bei der Pille überhaupt vertretbar sein können.

Noch eine Anmerkung:
Nicht jede Person, die die Pille nimmt, hat die gleichen Nebenwirkungen und viele haben sie auch weniger stark als ich sie hatte. Aber man sollte am Ende immer für sich abwägen, ob der Nutzen den Schaden überwiegt oder andersherum.

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Hormontherapie in drei Akten