Meine Reha

Wieso habe ich eine Reha beantragt?

Die kurze Antwort:
Um einer Verschlechterung meiner Arbeitsfähigkeit und meines Gesundheitszustandes entgegenzuwirken.

Die lange Antwort:
Die letzten Jahre hat meine Endometriose erhebliche Auswirkungen auf meinen Alltag gehabt. Nicht nur der Arbeitsalltag, sondern auch die Gestaltung meiner Freizeit wurde mit der Zeit immer schwieriger zu bewältigen.  

Die unkontrollierten Unterleibsschmerzen beeinträchtigten mich sowohl auf der Arbeit als auch zuhause, und auch ein halbes Jahr des Rumdokterns in einer Schmerzklinik hat für mich leider keine Besserung bewirkt. Ich nahm die meiste Zeit täglich Schmerzmittel, um noch meine Arbeit zu meistern, aber oft schaffte ich nicht mal mehr den Heimweg oder musste mich früher von der Arbeit abmelden. Statt als Ausgleich zur Arbeit nach Feierabend Sport zu treiben oder ein Sozialleben zu haben, konnte ich nur noch mit der Wärmflasche im Bett liegen und so litt auch meine körperliche Form und Stimmung erheblich. Es war wie ein Teufelskreis, in dem meine Endometriose alle Bereiche meines Lebens eingenommen hatte.

Hinzu kamen Blasenkrämpfe und Darmentleerungsstörungen, Letztere sind wahrscheinlich ein Nebenprodukt meiner letzten Sanierungs-OP. Beides beeinflusst natürlich auch erheblich den Alltag, kann man mir aber nicht ansehen.

Zuletzt waren da noch meine Schlafstörungen. Diese sind durch die Einnahme der Gestagen-Präparate entstanden und trotz Absetzen der Hormone noch nicht gänzlich weggegangen. Ohne genügend Schlaf war ich dauergeschlaucht, was wiederum mein Schmerzempfinden verstärkte und mich noch schwieriger durch die Woche kommen ließ.  

Schon von einigen anderen Endo-Betroffenen hatte ich von Reha-Aufenthalten gehört, allerdings hatte ich mir lange Zeit eingeredet, dass es mir dafür nicht schlecht genug ginge. In meiner Vorstellung gingen nur Endo-Betroffene nach ihrer OP im Rahmen einer AHB zur Reha.* Irgendwann erwähnte aber meine Schmerztherapeutin, dass ich mir ja mal die Reha-Klinik in Ratzeburg ansehen sollte. “Lesen Sie sich einfach mal die Webseite durch…” Und dieser Hinweis blieb bei mir hängen, auch als ich schon nicht mehr bei ihr in Behandlung war.

Nach einem besonders starken mehrtägigen Schmerzschub, rief ich also die Rentenversicherung an und ließ mir die Reha-Antragsunterlagen zukommen. Der Antrag an sich war wirklich aufwendig, aber nur 5 Tage nachdem ich den Antrag eingereicht hatte, bekam ich schon eine Bewilligung.

*Wie sich später herausstellte, ist das gar nicht der Fall. In meiner Erfahrung machten AHB-Patientinnen nur rund 50 % der Reha-Patientinnen aus, die anderen 50 % schafften es einfach kaum mehr durch ihren Alltag wegen ihrer Endometriose -  genau wie ich.

Die Auswahl meiner Reha-Klinik

Für meine Reha fuhr ich nach Bad Schwartau zur Asklepios-Klinik. Meine Wahl fiel auf diese Klinik, da es zu dem Zeitpunkt deutschlandweit nur fünf für Endometriose zertifizierte Rehakliniken gab und diese in der Nähe meines Wohnortes lag. Außerdem hatte ich von anderen Endometriose-Betroffenen bereits viel Positives über diese Klinik gehört.

Die Asklepios-Klinik Bad Schwartau ist auf Orthopädie, Psychosomatik und Gynäkologie spezialisiert, bei der Gynäkologie vor allem auf Krebserkrankungen und Endometriose.

Die Rehaklinik Bad Schwartau im Schnee

Die Ankunft in der Reha-Klinik

Am 28.12.2023 reiste ich mit der Bahn nach Bad Schwartau. Ich kam gegen 11 Uhr am Vormittag in der Klinik an, meldete mich am Empfang und hatte noch etwas Wartezeit, da mein Zimmer noch nicht bereit war.

Nach der Wartezeit wurde mir mein Zimmer gezeigt, sowie die Wege zum Speisesaal, zum Pflegestützpunkt und zu meiner behandelnden Ärztin. Außerdem hatte jeder Patient ein Postfach, über das sämtliche Kommunikation der Klinik lief. In diesem Postfach landeten die stets aktuellen Behandlungspläne sowie weitere Infos, weshalb wir gebeten wurden, regelmäßig in unser Postfach zu schauen.

Mein Zimmer sah zwar etwas steril aus, war aber mit mehr als dem Nötigsten ausgestattet: Ein Bett, ein Mini-Kühlschrank, ein Tisch mit Stuhl, TV sowie ein Duschbad und ein Balkon mit einem wirklich schönen Blick auf den Kurpark und den Schwartauer See.  Ich war positiv überrascht.

Nach dem Auspacken meines Gepäcks war es auch schon Mittag und ich suchte mir einen Platz im gut gefüllten Speisesaal. Das erste Essen fühlte sich für mich ein wenig an, als wäre ich die Neue auf einer Schule und müsste mir nun mein “Grüppchen” aussuchen, denn es gab freie Platzwahl. Zum Glück fand ich schnell einen Tisch an dem schon zwei Frauen in meinem Alter saßen und setzte mich zu ihnen. Es stellte sich heraus, dass die beiden auch erst am Vortag angereist waren und sich auch noch zurechtfinden mussten.

Da ich am Anreisetag nur noch das Aufnahmegespräch mit der Ärztin anstehen hatte, blieb also die restliche Zeit, um das Gelände zu erkunden. Das passte auch ganz gut, da nach dem Mittagessen das ganze Klinikgelände einen Stromausfall erlitt und es im Gebäude ohne Strom recht dunkel war. Es wurden in den Gängen prompt Notlaternen aufgestellt, also schien die Klinik damit schon Erfahrungen zu haben. Draußen war es aber heller und schöner, also umrundete ich erst einmal den See, den ich von meinem Zimmer aus gesehen hatte und erkundete danach den Weg ins Stadtzentrum, wo es ein paar Einkaufsmöglichkeiten gab (nur 7 Minuten von der Klinik entfernt).

Am späten Nachmittag hatte ich dann das Aufnahmegespräch bei Frau Dr. Buitkamp. Das Gespräch war wirklich lang und ausführlich und umfasste die Krankheitsgeschichte, meine Beschwerden, Einschränkungen durch die Erkrankung, persönliche Lebensumstände und die Ziele, die ich mir durch die Reha erhoffte. Es wurde die Medikation abgefragt und danach gab es eine ganzkörperliche und eine gynäkologische Untersuchung. Ich hatte Glück: Frau Dr. Buitkamp war sehr empathisch, nahm mich ernst und hatte noch den einen oder anderen Tipp parat.

Die Anwendungen

Die Anwendungen, die den Behandlungsplan füllten, waren sehr vielfältig und waren zwar grundsätzlich durch die Diagnose von der Rentenversicherung vorgegeben, aber es wurde auch etwas auf individuelle Wünsche eingegangen. So sprach ich Yoga an und bekam es auch noch in den bereits gut gefüllten Plan eingebaut und erhielt auch noch zusätzlich Handtherapie, da ich an der Hand auch noch Einschränkungen durch eine andere OP hatte.

Grundsätzlich bestand der Behandlungsplan aus Gruppenseminaren, Vorträgen, Anwendungen wie beispielsweise Massagen oder Wärmetherapie, sowie verschiedenen Entpannungs- und Sporteinheiten. Einige Vorträge und Gruppenseminare wie zum Beispiel “Achtsamkeit” oder “Schmerzen bei Endometriose” waren speziell für Patientinnen mit gynäkologischen Diagnosen vorgesehen, in anderen Vorträgen waren wir hingegen gemeinsam mit Patienten aus der Orthopädie oder der Psychosomatik.

Es war überraschend viel Sport auf meinem Wochenplan: So hatte ich täglich zwischen 2 und 4 Sporteinheiten, teils in der Gruppe, teils einzeln im Fitnessstudio. Am Anfang war das für mich etwas überfordernd, weil ich neben der Arbeit gar keine Kraft mehr für Sport gehabt hatte und meine Kondition im Keller war. Nach 2 Wochen fing es allerdings an, gut zu tun. Sobald man eine Einführung in das Fitnessstudio erhalten hatte, konnte man dieses auch in seiner Freizeit nutzen.

Darüber hinaus gab es auch noch eine Lehrküche, in der man die Möglichkeit hatte, ein gesundes Mittagessen in der Gruppe zu kochen, sowie einen Termin bei einer Diätassistentin. Durch den Termin konnten auch etwaige Essgewohnheiten oder Allergien mit der Küche abgestimmt werden.

Der typische Tagesablauf

Das Reha-Programm ging unter der Woche von ca. 8 Uhr bis ca. 16:30. Die Anwendungen dauerten zwischen 20 und 60 Minuten und oft folgte eine Anwendung auf die nächste. In der ersten Woche gab es noch ein paar Zusatztermine wie Blutabnahme, Check-in bei der Verwaltung, Infovorträge und ein Kennlerntreffen.

Also frühstückte man beispielsweise um 7 Uhr, dann um 8 Uhr hatte man die erste Sporteinheit, um 9 Uhr Entspannungstraining und so weiter bis zum Mittagsessen, und am Nachmittag noch 3 - 4 Anwendungen. Um dir ein Bild zu machen, hier ein Auszug aus meinem Behandlungsplan.

Beispiel Rehaplan bei Endometriose
Ein Auszug aus meinem Behandlungsplan

Abendessen gab es von 17:30 - 19:00 Uhr und ab 23 Uhr war Ruhezeit. Das stellte kein Problem dar, da ich meistens nach dem Abendessen direkt aufs Zimmer verschwand, weil die vielen abwechselnden Anwendungen mich wirklich erschöpften. Den meisten schien es ähnlich zu gehen.

 Freizeit in der Reha

An den Wochenenden oder Nachmittagen boten sich verschiedene Freizeitmöglichkeiten an. Wer mobil genug war, konnte natürlich die anliegenden Wälder erkunden oder mit dem Bus nach Lübeck oder ans Meer fahren. Viele, die sonst nicht so nah am Meer leben, nutzen die Möglichkeit bei Winterwetter am Timmendorfer Strand zu spazieren. Dort fährt übrigens ein Bus von der Reha-Klinik hin (die Fahrt dauert ca. 40 Minuten, da der Bus viele Dörfer abfährt). In Bad Schwartau selbst gibt es ein paar Geschäfte, aber auch Restaurants und ein Kino. 

In der Reha-Klinik gibt es auch Aufenthaltsräume mit Büchern, Brettspielen und Puzzles, sowie im Untergeschoss einen Kickertisch und eine Tischtennisplatte. Darüber hinaus kann man sich am Wochenende fürs Schwimmen im Bewegungsbad eintragen (das Wasser ist salzhaltig, also auch gut bei Hautproblemen) oder in die anliegende Saunalandschaft “Sauna Pur” gehen. Mit dieser kooperiert die Klinik und man konnte zu meiner Zeit dort (nach ärztlicher Absprache) kostenlos 3 Stunden täglich saunieren. Das war natürlich Luxus pur!

An manchen Tagen organisiert die Klinik auch selbst Veranstaltungen, worüber sie am weißen Brett informiert. So gab es einen Sonntag eine Nachtwächter-Tour in Lübeck und an einem anderen Abend Gemeinsames Backen oder eine kleine Musik-Vorstellung. Von einer Bekannten habe ich gehört, dass die Klinik zur Weihnachtszeit auch ein buntes Freizeitprogramm organisiert, um den Patienten zumindest etwas Weihnachtsstimmung zu bieten.

Mein Fazit

Mir persönlich hat die Reha einiges gebracht. Am Anfang der Reha habe ich mir verschiedene Wunschziele für die Zeit in der Reha gesetzt, und ein paar davon zu meiner eigenen Überraschung erreicht. Andere Ziele sind noch nicht erreicht, aber die Reise geht ja nach der Reha weiter, und manches braucht einfach länger. Tatsächlich waren die Wochen in der Reha anstrengender als mein Arbeitsalltag, aber es diente alles dem Zweck, meine Gesundheit zu verbessern, und vor dem Hintergrund habe ich die durchgeplanten Tage gerne durchgezogen.

Die vielen Sport- und Entspannungsanwendungen haben mir wirklich sehr gutgetan und meiner Gesamtkondition geholfen. Der Muskelkater war während der Zeit ein ständiger Begleiter, aber es hat sich für mich ausgezahlt. Besonders erwähnenswert waren die verschiedenen Therapeutinnen, Psychologinnen und meine behandelnde Ärztin Frau Dr. Buitkamp, die wirklich die ganze Gesundheit betrachtet hat und weitere außerplanmäßige Untersuchungen veranlasste. Ich hatte zu meinem Erstaunen während der vier Wochen Reha sehr viel weniger Schmerzmittel gebraucht, als sonst im Arbeitsalltag.

Wenn du also vor der Entscheidung stehst, eine gynäkologische Rehamaßnahme, speziell bei Endometriose zu beantragen, kann ich die Asklepios Reha-Klinik in Bad Schwartau empfehlen.

Blick auf den Schwartauer See im Januar - eine schöne Spazierroute

Rückmeldung von anderen Endo-Patientinnen, die zeitgleich mit mir vor Ort waren

Ob dir eine Reha hilft oder nicht, hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Zuerst einmal ist da der Zustand, in dem man zur Reha kommt. Einige Endo-Betroffenen kamen wenige Wochen nach der OP zur Reha und konnten entsprechend viele Sportangebote noch nicht mitmachen, hatten andererseits aber die Entlastung, sich nicht um Haushalt und Einkaufen kümmern zu müssen und ganz auf die Heilung von der OP konzentrieren zu können.

Andere hatten als begleitendes Thema ihren unerfüllten Kinderwunsch. Diese Personen hatten sich teils mehr von der Reha erhofft, um sie hierbei zu unterstützen. Für sie war es aber hilfreich, sich in den Gesprächsrunden mit anderen Frauen auszutauschen.

Für mich hatte die Reha vor allem darin gepunktet, mich fitter und resilienter zu machen und mir noch mehr Wissen über Schmerzen bei Endometriose zu vermitteln. Die Reha hat mir außerdem ermöglicht, neue Therapien auszutesten und ich bin optimistischer und stärker aus ihr hervorgegangen.

Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, offen in eine Reha zu gehen und möglichst unvoreingenommen zu sein. Und nicht zu vergessen, es ist kein Hotel, sondern eine Klinik. Dann kann man eigentlich nur davon profitieren.

*** Möchtest du wissen, wie lange die Effekte der Reha bei mir angehalten haben? Hier erzähle ich davon.***

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Meine erste Bauchspiegelung