Nach der Reha: Wie nachhaltig war der Effekt?
Heute Morgen fiel mir auf, dass bereits zehn Monate seit meiner Reha in Bad Schwartau vergangen waren. Eine ganz schön lange Zeit!
Ich erinnere mich noch gut an meinen dritten Reha-Tag. Alle Neuankömmlinge besuchten einem Vortrag mit dem Titel „Was ist eine Reha?“, in dem wir über den Sinn und Zweck, die Struktur und die Ziele einer Reha aufgeklärt wurden. Von diesem Vortrag blieb mir eine Aussage am besten in Erinnerung:
72 Stunden nach Ende der Reha seien in der Regel die Effekte der Reha bereits verpufft.
Natürlich wurde dieser Aussage direkt beigefügt, dass es in der Verantwortung eines jeden Teilnehmers/Teilnehmerin lag, das, was man der Reha lerne, danach im Alltag zu integrieren. Allerdings ist das außerhalb der „Reha-Bubble“ nicht so leicht. Die Mehrheit der Reha-Patientinnen und Patienten würden danach das Leben genauso wie vorher führen.
Als ich von den 72 Stunden hörte, machte ich es mir zum Ziel, möglichst viel aus der Reha beizubehalten. Und darum geht es in meinem heutigen Beitrag: Was habe ich aus der Reha mit in den Alltag übernommen und was nicht? Wieviel „Reha-Effekt“ ist 10 Monate später bei mir noch da?
Körperliche Fitness
Das anstrengende Sportprogramm in der Reha hat mir rückblickend sehr gutgetan. Ich hatte insgesamt mehr Energie und Kraft im Alltag und ich bilde mir ein, dass auch aufgrund des vielen Sports meine Schmerzen während der Reha weniger extrem waren. Eine ähnliche Menge an Sport in den Arbeitsalltag zu integrieren war allerdings einfach unmöglich.
Ich fing also klein an, und meldete mich für einen Yogakurs an. Leider war dieser zu anspruchsvoll für mein Fitnesslevel und mit meinem verletzten Handgelenk schwer zu folgen.
Dann versuchte ich es mit Schwimmen, da mir das in der Reha unglaublich gutgetan hatte. Um meinen inneren Schweinehund zu überlisten, holte ich mir eine Mitgliedskarte fürs Schwimmbad, die ich mit Guthaben auflud. Dadurch, dass ich schon bezahlt hatte, ging ich dann auch regelmäßig schwimmen.
Außerdem wurde ich Mitglied im Fitnessstudio, was ich mir vorher nie hätte vorstellen können. Ich hatte bis dahin Fitnessstudios gegenüber immer Vorbehalte. Während der Reha merkte ich aber, dass die zeitliche Flexibilität seine Vorteile hatte. Nicht nur, weil man sowohl vor, als auch nach der Arbeit gehen kann, sondern da mein Energielevel auch mal schwankt oder ich wegen Schmerzen meine Pläne ändern muss. Die Übungen aus der Reha, die mir am besten gefielen, mache ich auch heute noch als Trainingsabschluss.
Für die täglichen 8 Stunden am Arbeitsplatz musste ich kreativer werden. Ich besorgte mir eine Yoga-Matte und deponierte sie auf der Arbeit. Zu Anfang ging ich zweimal die Woche in meiner Mittagspause mit der Matte in einen Konferenzraum und machte dort Rücken- und Beckenbodenübungen, was mir half, den Rückenschmerzen vorzubeugen. Als ich irgendwann einen höhenverstellbaren Schreibtisch bekam, brauchte ich die Mittags-Übungen glücklicherweise nicht mehr.
Letzten Endes war es mir durch den Sport während der Reha überhaupt erst möglich geworden, in meinem Arbeitsalltag neben Beruf und Haushalt noch Sport zu treiben. Denn ohne die Verbesserung meines Gesundheitszustandes hätte ich es gar nicht geschafft, Sport in meinen Alltag zu integrieren.
Psychische Gesundheit
In der Reha gab es einen Vortrag zum Thema Psyche bei chronischen Erkrankungen und wie sehr unsere Psyche von der Erkrankung und den chronischen Schmerzen beeinflusst wird, aber auch andersherum. Die Psyche hat auch einen enormen Einfluss auf unser Schmerzempfinden.
Ich bin damals sehr viel optimistischer und resilienter aus der Reha herausgekommen, als ich hineingegangen bin und ich kann sagen: dieser neue (alte) Optimismus hat sehr lange angehalten.
In den Monaten nach der Reha habe ich vieles klarer gesehen. Vor allem, dass die Gesundheit für mich oberste Priorität hatte und ich für eine bessere Gesundheit meine Lebensumstände verändern musste. Das stressige Stadtleben, der lange Arbeitsweg, eine Tätigkeit, in der ich meine Stärken nicht nutzen und mich nicht entwickeln konnte… all dies beeinflusste meine psychische Gesundheit und körperliche Energie in negativer Weise. Also beschloss ich, etwas daran zu ändern.
Ich schickte Bewerbungen heraus und bekam schließlich eine neue Stelle in einer anderen Stadt direkt am Meer. Die neue Arbeit gibt mir sehr viel mehr Zufriedenheit und Lebensqualität: Mein Arbeitsweg ist deutlich kürzer, mein neues Arbeitsfeld ist spannender, die Aufgaben vielfältiger… kurzum, ich bin sehr froh, den Schritt gewagt zu haben.
Eins ist sicher: Ohne den neuen Energieschub, den ich mir in der Reha erarbeitet habe, hätte ich für die ganzen Bewerbungen und die Aufnahme einer neuen Arbeit gar nicht die Kraft gehabt.
Entspannung
Mit der Entspannung ist das so eine Sache, da jeder Person etwas anderes beim Entspannen hilft… Manche Routinen habe ich aus der Reha mitgenommen, und manches habe ich nicht weiterverfolgt.
Entspannungsmethoden, wie die Progressive Muskelentspannung, die ich in der Reha regelmäßig im Programm hatte, haben mir bis heute nichts gebracht. Ich habe es immer wieder versucht, aber es scheint einfach nicht meins zu sein. Viel besser kann ich zum Beispiel durch Spaziergänge in der Natur Stress abbauen – und das habe ich während der Reha viel machen können. Besonders nun, wo ich nicht mehr in der Stadt wohne, genieße ich jeden Tag in der Natur sein zu können.
Seither habe ich sogar neue Hobbies entdeckt, die mich entspannen und glücklich machen und ich räume diesen Hobbies bewusst mehr Zeit ein als vorher.
Fazit
Zehn Monate nach meiner Reha kann ich sagen, dass mir die Zeit dort sowohl körperlich als auch mental viel gebracht hat. Manche Dinge konnte ich dauerhaft in meinen Alltag integrieren, andere habe ich losgelassen – und das ist völlig in Ordnung. Wichtig ist, dass ich heute meine Gesundheit mehr priorisiere und auch beruflich den Mut und die Energie gefunden habe, neue Wege zu gehen.
Die Reha hat mir aufgezeigt, wie wichtig mentale Gesundheit und körperliche Fitness bei einer chronischen Schmerzerkrankung wie Endometriose sind. Sie hat mich resilienter gemacht und mir die Motivation gegeben, mehr Sport und Entspannung in meinen Alltag zu integrieren. Dank dieser Veränderungen wirken die positiven Effekte auch fast ein Jahr später noch nach.
Mein persönlicher Tipp für dich
Stehst du kurz vor einer Reha oder kommst du vielleicht gerade davon zurück? Dann habe ich einen hilfreichen Tipp für dich.
Es ist oft eine Herausforderung, die während der Reha erlernten Routinen in den Arbeitsalltag zu integrieren. Ich möchte dir einen einfachen, aber wirkungsvollen Tipp mitgeben, der dir helfen kann, deine Gesundheit auch im Alltag nicht aus den Augen zu verlieren. Mit diesem Ansatz ist es mir gelungen, mich im Arbeitsalltag besser um meine Selbstfürsorge zu kümmern und motiviert zu bleiben.
Ich habe mir eine Tabelle neben dem Bett aufgehängt, in der ich in der linken Spalte verschiedene Aktivitäten und Routinen aufgeführt habe, die mir sowohl körperlich als auch mental guttun. Dazu gehören Dinge wie gesundes Essen kochen, Sport treiben, Beckenbodenübungen machen, basteln, Freunde treffen oder lange Spaziergänge.
Oben in der Tabelle habe ich die Kalenderwochen vermerkt und setze jeden Abend einen Strich in die Zelle neben der Aktivität, der ich an diesem Tag nachgegangen bin. Dieses kleine Ritual motiviert mich, regelmäßig Aktivitäten nachzugehen, die mir guttun, und gibt mir einen Überblick darüber, ob ich nachlasse oder konstant am Ball bleibe. Vielleicht ist dieser Tipp auch für dich hilfreich, um nach deiner Reha dranzubleiben. 😊